„Primaten in Anzügen“. Was für den ein oder anderen provokant oder gar beleidigend klingen mag,
ist aus der Perspektive der Biologie eine wissenschaftliche Tatsache. Menschen gehören naturgeschichtlich zur Ordnung der Primaten – zusammen mit ihren Artverwandten, den Menschenaffen und Affen. Mit den anderen Primaten verbinden den Menschen viele Millionen Jahre gemeinsame Entwicklungsgeschichte und damit viele Ähnlichkeiten in Körperbau und Lebensweise. Von den anderen Menschenaffen, namentlich Schimpansen, Gorillas, Bonobos und Orang-Utans, trennen uns sogar nur ca. 18 Millionen Jahre seit der Existenz unseres letzten gemeinsamen Vorfahrens. Das ist – entwicklungsgeschichtlich betrachtet – ein Wimpernschlag.
Mit Schimpansen sind wir beispielsweise näher verwandt als Zebras mit Pferden oder Füchse mit Hunden. Und wer sich schon einmal die Zeit genommen hat, das Verhalten von Affen im Fernsehen oder Zoo länger zu beobachten, der hat mit Sicherheit schon die ein oder andere frappierende Ähnlichkeit mit dem Menschen festgestellt.
Von diesen Ähnlichkeiten, aber auch Unterschieden, war ich schon immer fasziniert. Was denkt so ein Tier, wenn es uns als Zoobesucher ansieht? Was geht ihm durch den Kopf? Was versteht es von seinen Artgenossen oder auch von uns, dem artfremden Späher von außen?
Ich studierte Verhaltensbiologie und Psychologie und beschäftigte mich in meiner Promotion am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie intensiv mit dem Verhalten unserer nächsten Artverwandten, den Schimpansen, sowie vergleichend mit dem Verhalten des Menschen. Dafür verbrachte ich Monate auf einer Insel im Viktoriasee in Uganda und beobachtete die Tiere beim Lösen komplexer Aufgaben. Dabei mussten sie sich, um an ihre Belohnung in Form von besonders schmackhaftem Futter zu kommen, in andere Individuen hineinversetzen. Nachweislich verfügen sie über diese Fähigkeit.
Später verließ ich die Wissenschaft und wendete mich ganz der angewandten Psychologie zu. Heute beobachte ich hauptsächlich menschliches Verhalten – in meinem Alltag, aber auch im Rahmen meiner Tätigkeit als Beraterin in der Führungskräfteentwicklung.
Wenn Teilnehmende meiner Assessments und Trainings nun meine Vita hören, reichen die Reaktionen von völliger Fassungslosigkeit und leichter Skepsis („…und jetzt studieren Sie MICH?!“) über staunendes Interesse bis hin zu herzlichem Lachen. Nach dem ersten Schock werden viele neugierig. Was haben Affen und Führungskräfte gemeinsam? Und was können wir von Affen über Führung lernen?
So viel vorab: In beiden Fällen geht es um intelligente Wesen, die versuchen, in komplexen sozialen Strukturen ihre Ziele bestmöglich zu erreichen. Dabei sind viele Parallelen zu beobachten – aber auch Wege, die jeweils nur eine Art für sich entdeckt hat. Zum einen sind uns Menschen durch Sprache unendlich viele Möglichkeiten der gegenseitigen Beeinflussung gegeben. Über diese Fähigkeit verfügen Schimpansen nicht im selben Maße. Zum anderen entwickeln sich viele menschliche Organisationen und Gesellschaften hin zu weit weniger hierarchischer Strukturierung, als dies früher noch der Fall war. Dennoch bleibt die erfolgreiche Einflussnahme in der Gruppe ein zentraler Erfolgsfaktor auch in unserem menschlichen Zusammenleben, und man kann in vielen Situationen unseres menschlichen Verhaltens das unserer Artverwandten wiedererkennen – gerade im Hinblick auf Einfluss und Führung. Wer also wird bei den Schimpansen Führungskraft, wie gelingt das, wie gelingt der Positionserhalt, und mit welchen Mitteln sichert das Alpha-Tier seine Position bzw. verliert sie wieder?
Wer wird Führungskraft im Reich der Schimpansen?
Bei dieser Frage kommt vielen gleich ein Gedanke in den Sinn: Darwin, und „the survival of the fittest“. Darwin beschreibt in seiner Evolutionstheorie, dass die Individuen, die am besten an ihre Umwelt angepasst sind, eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit haben und mit einer höheren Wahrscheinlichkeit ihr Genmaterial an die nächste Generation weitergeben. In vielen Fällen heißt das, dass physisch stärkere Tiere sich gegenüber den anderen besser im Kampf um Ressourcen durchsetzen und damit ihr Genmaterial mit höherem Erfolg weitergeben können – jedoch nicht immer.
Schauen wir in das Reich der Schimpansen, so haben die physisch überlegenen Tiere, also die größten und kräftigsten Männchen, eine höhere Wahrscheinlichkeit, Alpha-Männchen zu werden, um die Gruppe anzuführen. Weibchen erreichen nicht die physische Größe von Männchen und liegen in diesem physischen Machtkampf deshalb außerhalb der Konkurrenz. Interessanterweise setzen männliche Schimpansen bei Auseinandersetzungen mit Weibchen in der Regel auch nicht ihre scharfen und gefährlichen Eckzähne ein – dies bleibt dem Kampf mit anderen Männchen vorbehalten.
Um nun die Alpha-Position zu erringen, muss ein Männchen sich zahlreichen physischen Auseinandersetzungen mit anderen dominanten Männchen und deren Unterstützern stellen und dabei die Oberhand gewinnen. Doch wozu all der Einsatz? Als Alpha-Männchen hat man allein durch seine Position innerhalb der Gruppe leichteren Zugang zu den zentralen Ressourcen – Futter und paarungsbereite Weibchen (wobei letzteren dabei eine deutlich wichtigere Rolle zukommt als dem Futter). Das Alpha-Männchen erkämpft sich also letztlich durch körperlichen Einsatz erfolgreich seinen Platz in der VIP-Lounge.
Nun mögen Sie denken: „Das ist ja schön für die Alpha-Schimpansen, aber dieser Weg der physischen Überlegenheit ist doch offensichtlich (und glücklicherweise) wenig praktikabel in der menschlichen Gesellschaft!“. Und ich stimme Ihnen zu. Obwohl: Ein bisschen Affe steckt auch hier noch immer in uns. So gibt es weltweit sehr gut belegte Daten, die zeigen, dass größere Männer mit einer höheren Wahrscheinlichkeit Führungskraft werden als ihre weniger hochgewachsenen Kollegen – und sogar das Einkommen ist mit ihrer Größe korreliert (z.B. Judge & Cable, 2004). Bei Frauen besteht übrigens ein ähnlicher, wenn auch weniger ausgeprägter Zusammenhang zwischen Körpergröße und Karriereerfolg. Auch im täglichen Leben spielt dieses Bewusstsein wohl eine Rolle: Eher klein gewachsene Politiker wie der französische Ex-Präsident Sarkozy scheinen sich z.B. dieser Faktenlage bewusst zu sein und schummeln auch gerne mal bei ihrer wahrgenommenen Körpergröße.
Körpergröße demonstriert Macht – selbst, wenn einmal nachgeholfen werden muss.
Nun ist aber zum Glück auch im Reich der Schimpansen die physische Größe nicht alles. Auch hier gibt es zahlreiche Beispiele dafür, dass physisch unterlegene Männchen sich die Alpha-Position in der Gruppe erschließen können – und zwar mit geschickten Strategien.
Allianzen schmieden
Nicht immer ist es der stärkste Schimpanse, der die Alpha-Position innehat. Auch Tiere, denen es gelingt, klug Allianzen zu schmieden und andere, bedrohliche Allianzen zu zerstören, können sich an die Spitze kämpfen. Wie ihnen das gelingt? Sie suchen sich starke Verbündete, die ihnen zur Seite stehen, wenn physisch überlegene Artgenossen angreifen. Dabei machen sie sich das „Reziprozitätsprinzip“ zunutze: Geraten strategische Allianzpartner in Konflikte mit Dritten oder werden sie von Dritten angegriffen, so kämpfen sie an der Seite ihres Partners und verteidigen diesen. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Tiere auch ihnen zur Seite stehen, wenn sie selbst in Bedrängnis geraten – getreu dem Motto: „Eine Hand wäscht die andere“. Unterstützt du mich heute gegen einen Angreifer, helfe ich dir morgen, wenn du bedroht wirst. Dabei gelingt es den Tieren mit erstaunlichem Erfolg auch in großen Gruppen, den Überblick zu behalten, auf wen sie zählen können und vor wem sie sich hüten müssen. Und sollte ein Verbündeter es einmal verschlafen, seinem bedrohten Partner beizustehen, haben Schimpansen sogar besondere Gesten entwickelt, um ihre Verbündeten um Unterstützung zu „bitten“. Wenn man über die sozialen Strukturen und Hierarchien von Schimpansen nachdenkt, macht es also Sinn, nicht in Individuen, sondern in Machtzentren zu denken.
Ein prominentes Beispiel für ein körperlich unterlegenes Männchen, das auf diese Weise erfolgreich die Alpha-Position errungen hat, ist das junge Männchen Nikkie. Es wurde über Jahrzehnte in der Schimpansen-Population eines niederländischen Zoos beobachtet. Nikkie, noch jung und eher schmächtig, gelang es 1977 durch eine strategische Koalition mit einem älteren, früheren Alpha-Männchen („graue Eminenz“) dessen physisch deutlich überlegenen Nachfolger Luit erfolgreich die Alpha-Position streitig zu machen. Die machtpolitischen Vorgänge beschreibt der Primatologe Frans de Waal eindrücklich in seinem Buch „Chimpanzee Politics“.
Doch Allianzen werden nicht nur in Konfliktsituationen geschaffen – sie entstehen auch im äffischen Alltagsleben. Um die unsichtbaren Bande zu schmieden, investieren Alpha-Anwärter viel Zeit für ihre wichtigen „Stakeholder“ – dies können z.B. mächtige Männchen, aber auch einflussreiche Weibchen sein. Sie sitzen stundenlang in deren Nähe, pflegen ihnen das Fell, spielen liebevoll mit deren Kindern und teilen sogar ihr Futter. Kurzum – sie zeigen sich als generöser Anführer, unter dem es sich gut und sicher leben lässt.
Mut, Präsenz und Ausdauer zeigen
Bestehende, funktionierende Systeme fallen gerne in eingespielte Muster zurück. So haben Schimpansen in einer funktionierenden Gruppe vorrangig Interesse daran, die bestehenden Kräfteverhältnisse aufrechtzuerhalten, sofern sie dadurch Schutz und Stabilität genießen. Will nun ein Alpha-Anwärter diese Kräfteverhältnisse verändern, muss er mit Widerständen nicht nur von dem bestehenden Alpha-Männchen, sondern auch aus der Gruppe rechnen. Nur mit Ausdauer und Durchhaltevermögen, mit denen der Anwärter immer wieder das bestehende Machtgefüge infrage stellt, die eigene Stärke demonstriert und sich durch hohe Präsenz immer wieder die Aufmerksamkeit und den Respekt der Gruppe sichert, kann eine Machtübernahme gelingen. So wurde Nikkie beispielsweise nicht müde, das bestehende Alpha-Tier ständig direkt herauszufordern oder andere Tiere vor dessen Augen offen zu attackieren. Rasch wurden so Unsicherheiten des Alpha-Tieres deutlich, wenn es Nikkie ungeschoren davonkommen ließ oder selbst den Angriffen auswich. So verlor die Gruppe langsam das Vertrauen in ihr Alpha-Tier als ihren „Schutzpatron“ – und Nikkie konnte die Spitzenposition einnehmen.
Mit Blick auf menschliche Organisationen lässt sich mit Sicherheit sagen, dass auch hier die Personen herausstechen, die Bestehendes infrage stellen und Ausdauer und Hartnäckigkeit an den Tag legen, um Änderungen herbeizuführen. Und zuletzt ist auch eines sehr wichtig: nämlich Präsenz zu zeigen und die Fähigkeit, sich ins rechte Licht zu rücken.
Der Positionserhalt oder: Wie bleibt man Führungskraft?
Was tut ein Alpha-Männchen nun, um seine Position und damit seinen VIP-Zugang zu Futter und Weibchen zu sichern?
Allianzen erhalten
Unabdingbar: Allianzen, Allianzen, Allianzen! Nur wer sich den Support der Gruppe dauerhaft sichert, kann auf der Alpha-Position verbleiben. Mit dem Erringen der Alpha-Position ist es also nicht getan – dauerhafte Beziehungspflege ist angesagt, um den Machterhalt zu sichern. Sogenannte „Bullies“, die zwar physisch überlegen sind, sich aber ihre Position hauptsächlich nur durch aggressive Verhaltensweisen sichern, werden im Schimpansen-Reich oft nicht lange als Alpha-Tier geduldet. Rasch bilden sich Allianzen gegen solche Tiere, und der Tyrann wird zugunsten eines berechenbareren, sanfteren Anführers ersetzt. In seinem empfehlenswerten TED Talk „The surprising science of alpha males“ räumt der Primatologe Frans de Waal hier mit der falschen Vorstellung eines Alpha-Männchens als tyrannischem Draufgänger auf. Denn erfolgreiche Alpha-Männchen investieren extrem viel Zeit darauf, sich die Gunst und Unterstützung der Gruppe durch tragfähige Beziehungen zu sichern.
Diese Beobachtung deckt sich in großen Teilen mit meinen Beobachtungen in der Welt der menschlichen Führungskräfte. Bullies mag es gelingen, die unteren Stufen der Karriereleiter zu erklimmen – doch ohne strategische Allianzen, ohne Unterstützer in der Organisation und nur mit Ellbogenmentalität und im Alleingang gelingt es ihnen kaum, sich in der Organisation weiter nach oben zu arbeiten. Erst, wenn tatsächlich strategisch Allianzen geschmiedet werden (selbst wenn das nur aus rein rationalen Überlegungen geschieht), gelingt der Aufstieg. Wichtiges Take-away aus der Welt der Affen ist damit: „Don’t be a bully, be a real alpha!“
Die Gruppe schützen und schlagkräftig halten
In freier Wildbahn konkurrieren verschiedene Schimpansen-Gruppen miteinander um Ressourcen und Territorien. Um die eigene Gruppe vor Angriffen zu schützen, patrouillieren Männchen-Trupps rund um den Aufenthaltsort der Gruppe und verteidigen die Gruppe, wenn nötig, gegen Angriffe von außen. Erfolgreiche Alpha-Tiere sorgen dafür, dass ihre Gruppe schlagkräftig bleibt – sie stellen den inneren Zusammenhalt und Frieden sicher. Doch wie gelingt ihnen das?
Alpha-Tiere behalten ihre Gruppe stets im Blick. Oft nehmen sie dazu strategisch günstige Positionen ein, zum Beispiel leicht erhöht oder am Rande der Gruppe mit Blick auf die anderen Tiere. Sie sind wachsame Beobachter und schreiten beispielsweise sofort ein, wenn sich ein anderes Männchen einem fruchtbaren Weibchen nähert. Sobald es zu schwerwiegenderen Auseinandersetzungen in der Gruppe kommt, greifen Alpha-Männchen ein. Dabei ist Folgendes interessant: In vielen Fällen vermeiden sie es, klar Position zu beziehen, und stellen sich (und zwar physisch) zwischen die beiden Konfliktparteien und treiben sie auseinander – so stellen sie sicher, sich keine Feinde zu schaffen. Noch interessanter wird es, wenn eine Partei deutlich schwächer ist als die andere, zum Beispiel ein Jungtier oder ein Weibchen. Dann verteidigt das Alpha-Tier das schwächere Tier, gewinnt damit einen Unterstützer und sichert seinen Machterhalt gegenüber anderen dominant auftretenden Tieren. Ein ganz zentraler Erfolgsfaktor von erfolgreichen Alpha-Schimpansen ist also, dass sich die anderen Tiere unter dessen Führung sicher und geschützt fühlen können. Ihr „Schirmherr“ sorgt sowohl innerhalb der Gruppe für ihren Schutz, aber auch nach außen. Es lohnt sich daher für sie, ihn als Alpha-Männchen anzuerkennen und das bestehende System damit aufrechtzuerhalten.
Daraus kann man als Führungskraft mit Sicherheit lernen. Oft erlebe ich in simulierten Mitarbeitergesprächen, dass sich Führungskräfte bei Konflikten in ihrem Team vorschnell auf eine Seite schlagen – etwa den vor sich sitzenden Mitarbeiter auf Basis einer Beschwerde eines anderen Mitarbeiters anklagen oder aber Partei für ihren Gesprächspartner ergreifen und sich gegen die dritte Partei instrumentalisieren lassen. Beide Vorgehensweisen sind nicht ratsam, da die Führungskraft so den Support mindestens einer Partei verliert und potenziell ein Kräfteungleichgewicht entsteht. Besser wäre, wie ein echtes Alpha-Tier zwischen den Parteien zu vermitteln und für eine konstruktive Arbeitsatmosphäre zu sorgen, ohne dabei Einzelne vor den Kopf zu stoßen.
Auch was die strategische Positionierung im Raum angeht, gibt es Parallelen zwischen den Welten zu beobachten. Zentral ist in beiden Fällen für das Alpha-Tier, die Gruppe im Blick zu behalten, um so bei Spannungen und Schwierigkeiten schnell eingreifen zu können. Auch wenn die Teilnehmenden in meinen Trainings – ungleich den Affen – selten eine erhöhte Sitzposition mit gutem Rundumblick einnehmen, so kann ich doch häufig beobachten, dass sich die Teilnehmenden, die später den Ton angeben und richtungsweisend sind, im Raum so positionieren, dass sie die Gruppe gut im Blick behalten können – zum Beispiel hinten in der Mitte oder vorne am Rand. Zudem unterstützen sie häufig die weniger gehörten Trainingsteilnehmer und sorgen dafür, dass sich nicht Einzelne übermäßig viel Raum nehmen. Sie sorgen für eine gewisse Kräftebalance, durch die Fairness herrscht, sich alle gehört fühlen und konstruktiv zusammenarbeiten können. Sie greifen also aktiv in das Gruppengeschehen ein, indem sie Einflussmonopole vermeiden, bei Konflikten einschreiten und Schwächere stützen.
Durchgreifen
Nun ließe sich vermuten, Alpha-Männchen sorgen ausschließlich in Wohltäter-Manier für ihren Positionserhalt. Leider ist die Realität nicht ganz so rosig. Gegen potenzielle Anwärter auf ihre Position gehen sie entschlossen (physisch) vor, und fordern – wenn nötig – auch die Unterstützung der Gruppe ein. Das kann zur Vertreibung dieser konkurrierenden Tiere aus der Gruppe führen. Solche potenziell sehr starken Tiere schließen sich dann oft mit anderen jungen Männchen zusammen und versuchen, durch Angriffe auf bestehende Gruppen dort die Anführerschaft zu übernehmen.
Alpha-Tiere beobachten genau, welche Allianzen in der Gruppe bestehen. Entschlossen zerschlagen sie die Verbindungen von potenziell gefährlichen Kontrahenten, um die Konzentration von Macht – neben ihrer eigenen – zu vermeiden.
Für Sie als Führungskräfte heißt das: Augen und Ohren offenhalten, wer Ihre Position infrage stellt. Sorgen Sie dafür, dass potenzielle Kontrahenten im Team nicht zu viel Rückhalt gewinnen und andere gegen Sie aufhetzen. Bei (verbalen) Angriffen auf Sie vor der Gruppe müssen Sie als Führungskraft Entschlossenheit zeigen, und Sie dürfen keine Zweifel an der eigenen Position aufkommen lassen. Startet ein Teammitglied zum Beispiel persönliche Angriffe oder will sich selbst als Führungskraft positionieren, sollte die Führungskraft Stärke und Entschlossenheit zeigen. In diesem Fall ist Durchsetzung ein probates Mittel, um die Arbeitsfähigkeit des Teams sicherzustellen. Wer sich diesen Auseinandersetzungen nicht stellt, wird bald von der Gruppe als „Schutzpatron“ vor Angriffen von außen nicht mehr ernst genommen.
Macht demonstrieren, ohne sie auszuüben
Alpha-Tier zu sein ist ein kräftezehrender Job. Ständig heißt es, aufmerksam zu bleiben, die Augen nach äußeren Bedrohungen offen zu halten, aber auch nach innen wachsam zu sein und Konflikte und Bedrohungen frühzeitig wahrzunehmen, um Kräfte-Disbalancen vorzubeugen. Man könnte meinen, dass Alpha-Männchen einen Großteil des Tages mit physischen Auseinandersetzungen beschäftigt sind. Doch dies ist nicht der Fall. Sobald die Alpha-Position eingenommen ist, kann ein Alpha-Männchen diese auch über Jahre innehaben, ohne ständig in physische Auseinandersetzungen verwickelt zu sein. Wie das gelingt?
Statt das eigene Leben durch echte Kämpfe immer wieder zu gefährden und andere Gruppenmitglieder tatsächlich physisch anzugreifen, behelfen sich Alpha-Männchen eines einfachen und in der Tierwelt weit verbreiteten Mittels, um andere an ihre Macht zu erinnern: symbolische Machtdemonstrationen, sogenannte Display-Verhaltensweisen. Dazu gehört, die eigene Größe durch das Aufstellen des Fells überzubetonen, die eigene Kraft durch lautes Schreien und das eindrucksvolle Rütteln an Ästen oder das Springen gegen Baumstämme zu demonstrieren.
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Ein Schimpanse macht sich durch sein aufgestelltes Fell größer, als es tatsächlich ist – ein Mechanismus, der bei Bedrohung oder Angst auch bei uns Menschen in Form einer „Gänsehaut“ wiederzufinden ist.
Besonders bekannt ist in diesem Zusammenhang sicherlich ein anderer Menschenaffe, der Gorilla, der sich zur Machtdemonstration aufrichtet, sich auf die Brust trommelt und so – symbolisch – seine Kraft zeigt. Der Gorilla schafft sich so Aufmerksamkeit und Gehör – er zeigt Stärke und Präsenz, ohne dabei aggressiv zu sein.
Für sich genommen sind solche symbolischen Machtdemonstrationen tatsächlich vollkommen sinnlos – dennoch haben sie im Tierreich eine zentrale Funktion: andere auf die eigene Stärke und Position hinzuweisen, ohne sich und andere in Gefahr zu bringen und diese Position ständig neu aushandeln zu müssen.
Das kommt Ihnen bekannt vor? Ganz genau. Auch wir Menschen haben zahlreiche Wege gefunden, um Machtpositionen zu demonstrieren. Schulterklappen und Anzüge verleihen uns im wahrsten Sinne des Wortes ein „breites Kreuz“, und die klassische Größen-Hierarchie von Firmenwagen und Büros sorgt dafür, dass der Einflussbereich ständig visuell verdeutlicht wird. Wer das symbolische Machtspiel nicht mitspielen will, zieht langfristig den Kürzeren. So zeigt zum Beispiel Marion Knaths in ihrem Buch „Spiele mit der Macht“ auf, dass Menschen, die symbolische Machtdemonstrationen vermeiden, weniger Akzeptanz als Führungskraft in ihrer Organisation finden. Dies ist insbesondere im Hinblick auf weibliche Führungskräfte interessant, die sich oft mehr als ihre männlichen Kollegen gegen symbolische Machtdemonstrationen sträuben.
Heißt also: Wer sich der symbolischen Machtdemonstration völlig entzieht, riskiert, in seiner Position öfter infrage gestellt zu werden. Dadurch muss man mehr Energie aufwenden, um diese zu verteidigen. Von einer Führungskraft erwarten wir, dass sie in kritischen Situationen Präsenz zeigt, entschlossen auftritt und sich bei notwendigen Entscheidungen nicht wegduckt. Oft reicht schon das Androhen eines Einschreitens, um Konflikte beizulegen und negative Konsequenzen zu vermeiden. Dies heißt aber nicht, dass eine Führungskraft ständig laut und dominant auftreten muss – es heißt lediglich, dass sie die Teamdynamik genau im Blick behalten und die anderen an den eigenen Einfluss erinnern sollte, wenn es nötig und hilfreich ist.
Nach Konflikten gekonnt aussöhnen
Spannend im Zusammenhang mit Konflikten ist, dass erfolgreiche Alpha-Schimpansen nach Auseinandersetzungen mit anderen Tieren der Gruppe – z.B. Alpha-Anwärtern oder anderweitig aggressiv auftretenden Tieren – häufig eine „Aussöhnung“ anbieten. Sie demonstrieren zunächst klar ihre Macht, zeigen den angegriffenen Tieren anschließend aber bestimmte Gesten der Wiederaussöhnung: Sie verbringen beispielsweise Zeit in deren Nähe und beruhigen mit gegenseitiger Fellpflege. Sie vermeiden also, sich dauerhaft Feinde zu schaffen, und sorgen nach Machtgebrauch dafür, dass Beziehungen gekittet und Frieden wiederhergestellt wird.
Wann ist es Zeit zu gehen?
Im Schnitt bleiben Alpha-Männchen in freier Wildbahn etwa 6 Jahre auf ihrer Position, bevor sie abgelöst werden (McCarthy et al, 2013). Ihre Ära geht entweder dadurch zu Ende, dass sie von einem stärkeren Jungtier abgelöst oder von einer „überfallenden“ Gruppe junger Männchen vertrieben werden. Auch ist der Tod eines Alpha-Männchens durch Kampfverletzungen, Krankheiten oder andere Verletzungen möglich. So starb während einer meiner Aufenthalte auf Ngamba Island das beliebte Alpha-Männchen. Für die Gruppe kam das sehr plötzlich und überraschend, wodurch ein großes Machtvakuum und Ratlosigkeit in der Gruppe entstand. Es folgten Monate der Unsicherheit und intensiver Rangkämpfe.
Fest steht – „Alpha-Sein“ ist kein leichter Job. Studien mit Schimpansen zeigen, dass Alpha-Tiere im Vergleich zu ihren weniger hochrangigen Genossen signifikant höhere Konzentrationen des Stresshormons Cortisol aufweisen (Kutsukake et al, 2018). Analog kann man damit jeder (potenziellen) menschlichen Führungskraft nur empfehlen: Überlegen Sie genau, warum Sie sich Führung „antun“ wollen, was Ihre Motivation ist und was Ihre Ziele hinter diesem doch sehr kräftezehrenden Job sind.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein großer Erfolgsfaktor bei der Übernahme und Aufrechterhaltung einer einflussreichen Position ist das Schmieden strategischer Allianzen und das aufmerksame Beobachten und Austarieren der Kräfteverhältnisse in der Gruppe. Eine starke Führungskraft zeigt dabei Präsenz, Mut und Entschlossenheit und erinnert andere auch symbolisch immer wieder an an ihren Einfluss. Sie vermeidet das Entstehen fremder Machtkonzentrationen und geht gegen Kontrahenten entschlossen vor. Sie sorgt für eine schlagkräftige Gruppe, indem sie bei Konflikten moderiert, für Aussöhnung sorgt und die Gruppe so optimal gegen Angriffe und Gefahren von außen wappnet. Ein erfolgreiches Alpha-Tier ist damit selten ein Bully, sondern ein strategischer Beziehungsmanager und Schutzpatron für seine Gruppe.
In diesem Artikel habe ich mich weitgehend auf die Welt der Schimpansen beschränkt, da ich mich während meiner Promotion besonders intensiv mit dieser Menschenaffenart auseinandergesetzt habe. Doch ich möchte an dieser Stelle betonen, dass eine Welt der Alpha-Männchen nicht die einzige Lösung ist, um Machtverhältnisse in Gruppen zu strukturieren. In der Welt der Bonobos, der Zwergschimpansen, führen Alpha-Weibchen mit effektiven strategischen Allianzen die Gruppen an. Genau wie mit den Schimpansen teilen wir 98,8 Prozent unseres Genmaterials mit dieser Spezies und stehen ihnen damit genauso nahe wie den Schimpansen. Konflikte lösen Bonobos mit deutlich weniger physischer Gewalt als ihre Alpha-Kollegen aus dem Schimpansen-Reich. Anstatt bei Konflikten aufeinander loszugehen, lassen sie den Spannungen in Form von sexuellen Interaktionen freien Lauf – und zwar ganz unabhängig von den Geschlechtern der Konfliktparteien – und leben so insgesamt in deutlich friedlicheren Gruppen. Was wir daraus nun lernen können, überlasse ich Ihrer Fantasie.
Dr. Katja Karg ist Verhaltensbiologin mit Promotion in Psychologie. Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Coach, Trainerin und Beraterin bei Profil M setzt sie sich intensiv mit dem Thema Führung auseinander. In ihrer Promotion beschäftigte sie sich intensiv mit dem Verhalten von Menschen und Menschenaffen und verbrachte viele Monate mit Schimpansen in Uganda.
Quellen:
- TA Judge, DM Cable (2004): The effect of physical height on workplace success and income: preliminary test of a theoretical model. – Journal of Applied Psychology.
- F De Waal (2007): Chimpanzee politics: Power and sex among apes.
- M Knaths (2017): Spiele mit der Macht. Piper Verlag GmbH, München.
- N Kutsukake, M Teramoto, S Honma, Y Mori, K Ikeda, R Yamamoto, & T. Hasegawa (2018). The presence of females induces elevated cortisol levels in an alpha male: Experimental evidence in chimpanzees. American Journal of Physical Anthropology, 167(2), 327-336.
- MS McCarthy, CE Finch, & CB Stanford (2013). Alpha male status predicts long life expectancy in wild chimpanzees.
- M Tomasello, & J Call (1997). Primate cognition. Oxford University Press.
- M Tomasello & J Call (2019). Thirty years of great ape gestures. Animal Cognition 22, 461–469.
- https://humanorigins.si.edu/evidence/genetics
7 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Dass Profil-M neuerdings die Prinzipien der Führungskräfteentwicklung vom Verhalten von Affen herleitet finde ich, gelinde gesagt, verstörend. Ich teile das Menschenbild von Frau Karg nicht. Positionserhalt, Durchgreifen und Macht demonstrieren – all diese Vokabeln haben mit einer modernen, wertorientierten Führung nichts zu tun und sind Konzepte von vorgestern. Ich bin froh, dass die Führungskräfte in unserem Unternehmen ein völlig anderes Verständnis von Ihrer Rolle haben als die Affen im Beitrag von Frau Karg.
Herzlichen Dank für Ihren Kommentar zu meinem Artikel. Er gibt mir die Möglichkeit, einige Botschaften zu schärfen, die eventuell durch die pointierte Darstellung nicht deutlich geworden sind.
Denn im Grunde sind wir einer Meinung. Auch wir bei Profil M vertreten ein klar werteorientiertes Führungsbild, das von Motivation, Kooperation auf Augenhöhe und gegenseitigem Verständnis geprägt ist. Gute Führung bedeutet aus einer ethischen Perspektive, dass „man es nicht nur für sich selber tut“, sondern als Mensch in Führung eine Rolle und Verantwortung übernimmt, um im Sinne des Unternehmens und der Menschen, die dort arbeiten, Dinge zu bewegen.
Und gleichzeitig kann Führung nur gelingen, wenn Menschen in Führung es schaffen, andere zum Folgen zu bewegen, sei es um als Top Manager eine neue Strategie umzusetzen oder als Teamleiter die ungeliebten Routineaufgaben zu delegieren. Und wenn wir uns selbst fragen, wem wir folgen, wem es sich zu folgen lohnt und wem wir uns anvertrauen, so kommen doch sehr grundlegende Eigenschaften und Verhaltensweisen von Führenden, wie sie in diesem Artikel beschrieben sind, zum Tragen. Wir folgen lieber denen, die für uns sorgen, die den Überblick behalten, Konflikte klären und die ebenso stark sind und im Zweifel das Team mit breitem Rücken verteidigen. Ist dies nicht gegeben, so hat der oder die Führende Probleme der eigenen Rolle und Verantwortung gerecht zu werden und etwas zu bewirken.
Was leider nach wie vor sehr häufig stattfindet, ist, dass „Konzepte von vorgestern“ wie sich „hart durchsetzen“ nach wie vor fälschlicherweise gerne unseren nächsten Artverwandten, den Affen, als bevorzugte Strategie zugeschrieben werden – obwohl auch diese ein deutlich breiteres Repertoire an Führungsstrategien zeigen. Mein Anliegen in diesem Artikel war es, dieses breite Repertoire an kooperativen Strategien bei Affen aufzuzeigen und die Parallelen zum Menschen zu ziehen, und gerade nicht, sie – oder den Menschen – als rein durchsetzungsorientiert darzustellen.
Herzliche Grüße
Katja Karg
Nachdem ich Ihren Essay mit Aufmerksamkeit gelesen habe, kommen mir doch Zweifel. Um mich kurz zu fassen nur einige Apercus. Sind Schuldirektoren im Durchschnitt eher groß oder klein? Der meinige war klein, korpulent, mal streng mal milde, nicht immer überzeugend. Nun kommt mir gleich der ‘Führer’ in den Sinn, eine ganz andere Dimension. Danach fällt mit Napoleon ein, dessen 200. Todestag wir begingen. Der Arme starb an Magenkrebs auf einer entlegenen Insel im Mittelmeer.
Zurück zur Frage: sind ganz Große ( mit allen Anmerkungen) u.U. sogar kleiner als der Durchschnitt? Es wäre ja fast ein Lapsus, den Hauptmann von Köpenik hier nicht zu erwähnen, sowie seinen genialen Darsteller, Heinz Rühmann.
Lieber Herr Struck,
herzlichen Dank für Ihren Kommentar und Ihre aufmerksamen Beobachtungen!
Sie sprechen da ein spannendes Phänomen an, das sogar nach dem Herren benannt ist, den Sie in diesem Zuge nennen – der sogenannte „Napoleon-Komplex“. Der bezeichnet das Verhalten, eine kleine Körpergröße durch von außen sichtbare Erfolge und Statussymbole zu kompensieren. Den Begriff prägte der Psychologe Alfred Adler zu Beginn des 20. Jahrhunderts und er ging davon aus, dass kleinere Männer so mögliche Minderwertigkeitskomplexe zu kompensieren versuchen.
Obwohl diese Theorie erstmal eingängig scheint, gilt sie nach heutiger Studienlage als widerlegt. Dem Komplex scheint ein klassischer Wahrnehmungsfehler zu Grunde zu liegen – nämlich, dass uns kleinere Menschen in einflussreichen Positionen stärker auffallen und in Erinnerung bleiben.
Übrigens beruht sogar die Namensgebung für den Napoleon-Komplex auf einem Missverständnis – zwar war Napoleon mit seinen ca. 1,68 m für heutige Maßstäbe eher klein, doch zu seiner Zeit lag er damit sogar über dem Durchschnitt französischer Männer (1,62m!).
Kurzum – ihre Körpergröße verschafft hochgewachsenen Männern und Frauen tatsächlich berufliche und monetäre Vorteile (eine Zusammenfassung der Studienlage findet sich bei Judge & Cable, 2004). Damit ist natürlich noch lange nicht jeder ganz Große ganz groß – Kleingeistigkeit findet sich ja dann doch auf unterschiedlichsten Flughöhen! 😉
Herzlichst,
Katja Karg
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15161403/ (Judge & Cable, 2004)
https://www.welt.de/kultur/history/article13379321/Unter-1-70-Meter-Kleine-Maenner-und-die-Macht.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Napoleon-Komplex
https://www.forschung-und-lehre.de/karriere/wie-sich-die-koerpergroesse-auf-den-berufserfolg-auswirkt-3379/#
Hallo Frau Karg,
Ihr Beitrag ist sehr Interessant und deckt sich mit der Erfahrung die ich in meiner Laufbahn gemacht habe.
Das geht sogar schon soweit, dass wir uns in unserem Unternehmen schon selbst als Silberrücken bezeichnen ohne Ihren Beitrag vorher gekannt zu haben.
Explizit das Verhalten des „Betaisierens“ von Alpha-Typen im Berufsleben scheint mir eher ein Instinkt als ein planvolles Vorgehen zu sein.
Natürlich verstehe ich auch Kommentare die das Vergleichen mit Primaten in Frage stellen.
Ganz sicher kommt es auf den Bildungsgrad der jeweiligen Gruppe und auf die Altersklasse an.
Auf jeden Fall ist Ihr Beitrag sehr erfrischend und zeigt mal eine ganz andere Betrachtung von Rollenbildern auf.
Für die Affen wäre es eine Beleidigung, wenn sie wüssten, dass wir sie mit uns vergleichen. Was Menschen so alles an Tricks, Hinterhältigkeiten, Gewinnsucht und Materialismus an den Tag legen wird niemand je an einem Primaten beobachten können. Aber: mit “unseren Augen” beobachtet, mit unseren “Gedanken Schemata” bearbeitet und dann gleich-gewalzt ist ein Primaten Verhalten niemals repräsentativ abgebildet worden.
Wer Primaten Gedanken (Verhalten) mit menschlichen Gedanken (vorUrteilen) beschreiben will ist auf einem Holzweg.
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihr Interesse und Ihren Kommentar zum Artikel. Wir freuen uns immer, wenn unsere Beiträge zum Austausch anregen. Ganz wie Sie halte ich sehr viel von unseren nächsten Artverwandten und bin immer wieder beeindruckt von ihren kognitiven Fähigkeiten. Was unsere direkten Artgenossen, die Menschen, angeht, bin ich allerdings optimistischer als Sie es beschreiben – aus Erfahrung und auch auf Basis wissenschaftlicher Untersuchungen.
Auch wenn beim Menschen sicherlich nicht immer alles rund und harmonisch läuft – eine der Eigenschaften, die uns auszeichnen und von z.B. Schimpansen abgrenzen, ist unsere ausgeprägte Fähigkeit und Bereitschaft zur Kooperation. Diese ist schon bei sehr kleinen Kindern nachweisbar und vielfach belegt (siehe dazu z.B. Michael Tomasello: „Warum wir kooperieren“). Nur durch unsere ausgeprägte Fähigkeit zur Kooperation kann der Mensch Leistungen bringen, die bei Weitem die Möglichkeiten eines Einzelnen übersteigen – denken Sie zum Beispiel an die Feinkoordination der Musikerinnen und Musiker in einem Orchester, oder an die Zusammenarbeit von Menschen mit unterschiedlichsten Fähigkeiten und Expertisen, um Sonnen- und Windenergie für uns alle nutzbar zu machen.
Auch wenn es immer wieder „schwarze Schafe“ und Trittbrettfahrer gibt, die unsere Kooperationsbereitschaft ausnutzen, so sind wir bei Profil M überzeugt, dass wir am besten zusammenarbeiten, wenn wir auf andere mit einer positiven Erwartung herantreten, dass der Mensch also, um es mit Rutger Bregmans Worten zu sagen, „Im Grunde gut“, ist.